Wie bekommen Frauen auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen? Internationale Besucherinnen lernen von den Erfahrungen Deutschlands – und voneinander.
An einem heißen Sommertag sitzen 15 Journalistinnen und Geschäftsfrauen aus aller Welt, die sich in verschiedenen Wirtschaftsverbänden oder -initiativen engagieren, in einem Konferenzsaal in Berlin-Mitte. Zum Thema Gleichberechtigung von Männern und Frauen teilen sie ihre Eindrücke miteinander und tauschen Erfahrungen aus. Sie sind Teilnehmerinnen einer Themenreise „Frauen in der Wirtschaft. Gründerinnen in Deutschland“ im Rahmen des Besucherprogramms der Bundesrepublik Deutschland. Zwei Vertreterinnen des Bundesverbandes Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) haben gerade von ihrer Arbeit erzählt. Ihr Ziel: Weibliche Familienangehörige, die in deutschen Handwerksbetrieben mitarbeiten, zu stärken. „Bei uns gibt es keine Ausbildung zum Handwerker, geschweige denn Unterstützung für Frauen in diesem Bereich“, kommentiert Caroline Gaitho, eine junge Unternehmerin aus Kenia, die sich zugleich in mehreren Verbänden engagiert, unter anderem als Vorsitzende der Initiative „Alternatives Africa“, die vor allem junge Gründerinnen fördert.
Ob Moskau oder Gaza: Das Ziel ist dasselbe
Die beiden Referentinnen des UFH fragen die Gruppe auch nach der Situation der Frauen in ihren Ländern. Yun-Chan Liao, eine Journalistin aus Taiwan, erzählt, dass in ihrem Unternehmen 80 Prozent Frauen arbeiten. Die junge Anwältin Elena Balashova aus Moskau berichtet, dass viele ihrer westeuropäischen Klienten oft sogar lieber mit Frauen arbeiten würden. Allerdings sei die Situation der Frauen auf dem russischen Arbeitsmarkt nach wie vor schwierig – besonders in der Frage, wie Beruf und Familie zu vereinbaren sind. Ein Thema, das viele Frauen und Männer rund um den Globus und auch in Deutschland beschäftigt.
Eine ganz andere Sorge hat Laurel Douglas, Unternehmerin aus Kanada und Geschäftsführerin des „Women’s Enterprise Centre“, einer gemeinnützigen Organisation, die Gründerinnen und Unternehmerinnen unterstützt: „Bei uns ist das Thema Gleichberechtigung schon seit Jahren so stark im Fokus, dass ich einen Rückschlag befürchte.“ Kanadierinnen hätten lange für einen zwölfmonatigen Mutterschutz gekämpft, nur um zu erfahren, dass viele Mütter dennoch nach vier Monaten wieder arbeiten. Zu viel Aufmerksamkeit für Gleichberechtigung ist für Majd Almashharawi aus Gaza wiederum nicht das Problem: „Als ich vor fünf Jahren begann, ein Unternehmen aufzubauen, war es fast unmöglich zu überleben.“ Bei einer Arbeitslosenquote von 72 Prozent, der höchsten weltweit, lagen die Chancen für selbstständige Frauen in Gaza lange fast bei null.
Herausforderung Gender Pay Gap
Aber Almashharawi hat es geschafft. Ihr Unternehmen Sun Box, das Startups im Bereich Erneuerbare Energien unterstützt, ist zu einer wichtigen lokalen Plattform für Gründerinnen geworden. Gerade organisiert sie die erste Konferenz zu Frauen als Unternehmerinnen in Gaza. Für sie und viele andere Teilnehmerinnen war es spannend zu sehen, welchen Stellenwert Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland mittlerweile hat. Im Gespräch im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wurde deutlich, dass auch in Deutschland noch viel zu tun bleibt.
So liegt eine wichtige Kennziffer, die „Gender Pay Gap“, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, mit 21 Prozent im OECD-Durchschnitt recht hoch. Der EU-Schnitt liegt aktuell bei 16,1 Prozent. Auch deshalb habe die Bundesregierung beschlossen, mit einem Gesetz gegenzusteuern. Seit 2017 sind Unternehmen daher verpflichtet, transparenter zu zeigen, wie sich das Gehalt von Männern und Frauen zusammensetzt. Denn ein Grund für die Lohnlücke ist: Frauen wissen oft gar nicht, dass sie für gleichwertige Arbeit schlechter bezahlt werden.
„Fortschritt durch verbindliche Gesetze“
Um die Frauenquote in Aufsichtsräten zu verbessern, hat die Regierung außerdem eine 30-Prozent-Quote eingeführt. „Dieses Ziel haben wir erreicht“, erklärt Fischer. Weniger gut wirke das Gesetz allerdings in jenen Bereichen, in denen die Quote nicht verpflichtend ist. Fischers Fazit: Solange es keine Verbindlichkeit auf Gesetzesebene gibt, sind auch keine Fortschritte zu erwarten.
„Wer es wirklich will, kann es schaffen“
Zum Schluss besuchten die Teilnehmerinnen dann die Schokowerkstatt, einen rein von Frauen gemanagten Schreinerbetrieb in Berlin. Anfangs ohne Bankkredit, lediglich unterstützt durch Fördergelder der Stadt, haben sich die Frauen hier einen Lebenstraum verwirklicht – und das in einer einstigen Männerdomäne. „Es gab damals vielleicht zehn Schreierinnen in ganz Berlin“, erinnert sich Rosi Klein, Vorständin und Mitgründerin der Genossinnenschaft Schokofabrik eG.
Sie hatte abschließend auch noch einen Rat für junge Gründerinnen: „Denkt nicht, dass Geld alles ist.“ Und: „Wenn man es wirklich will, kann man es schaffen.“